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Als überregional bedeutendes, kulturhistorisches Museum besitzt das 1919 im Karlsruher Schloss gegründete Badische Landesmuseum (BLM) sehr umfangreiche Bestände aus verschiedensten Sammlungsgebieten. Zu den wichtigsten Sammlungen gehören:
die Ur- und Frühgeschichte, die antiken Kulturen des Mittelmeerraumes, die Sammlungen der Markgrafen von Baden, die Türkenbeute, die Kunst- und Wunderkammer, die Badische Landesgeschichte, das Münzkabinett sowie die Sammlung Angewandte Kunst seit 1900.
Seit Herbst 2001 setzt das BLM zur Dokumentation seiner Sammlungen eine Objektdatenbank ein. In der Datenbank werden sowohl Neuerwerbungen als auch Altbestände erfasst. Aktuell (Stand: 31. März 2005) umfasst die Objektdatenbank des BLM rund 22.000 Objektdatensätze und etwa ebenso viele, mit den zugehörigen Objektdatensätzen verknüpfte Bilddatensätze. Mit diesen Bilddateien werden gleichzeitig die Bestände an Negativen und Dias des Bildarchivs im Rahmen der Objektdatenbank katalogisiert. Mehr und mehr wird die Objektdatenbank alltägliches Arbeitsinstrument für die MitarbeiterInnen des BLM.
Als Mitglied des MusIS-Netzwerkes (MusIS = Museums-Informations-System) der Landesmuseen in Baden-Württemberg setzt das BLM die Software IMDAS-pro ein (derzeit: Version 2.5). Das BLM hat das Bibliotheksservice Zentrum Konstanz (BSZ) mit der Administration seiner Objektdatenbank betraut, das eine professionelle datentechnische (Datensicherheit!) und sachliche Betreuung (Administration etc.) gewährleistet. Als Leiterin des Referats Dokumentation ist die Verfasserin im BLM verantwortlich für die Strukturierung der Datenbank, für die Pflege der Normdaten sowie für Schulung und Betreuung der derzeit rund zwanzig NutzerInnen (Mitarbeiterinnen des Referats Dokumentation, FachwissenschaftlerInnen, RestauratorInnen, MitarbeiterInnen des Bildarchivs).
In den Museen gab es traditionsgemäß keinerlei terminologische Kontrolle für die handschriftlich ausgefertigten Inventarkarten. Objektbezeichnungen und verschiedene Sachzusammenhänge (Künstlernamen, Herstellungsort, Material, Technik etc.) wurden nach dem jeweils individuellen Stil der Wissenschaftlerin / des Wissenschaftlers benannt. Dagegen setzt eine Objektdatenbank in ihren Thesauri und Stammdatenlisten den Einsatz einheitlicher Benennungen in Form von Normdaten unbedingt voraus. Alle NutzerInnen der Datenbank müssen auf die Verwendung von Normdaten verpflichtet werden. Als Nutzen eröffnet sich für sie die Möglichkeit, die Recherche-Funktion der Datenbank umfassend einzusetzen und somit rasch auf alle in der Datenbank abgelegten Fakten zuzugreifen.
„Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“ (I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, A 51, B 75)
Menschliche Erkenntnis braucht, so behauptete schon Immanuel Kant in der Kritik der reinen Vernunft, um nicht leer oder sinnlos zu sein, sowohl die sinnlich zugrunde liegenden rohen Daten der Gegenstände der Erkenntnis als auch den menschlichen Begriff von dem, was die Sinne erfassen; nur vom Verstand produzierte Begriffe und aufgenommene sinnliche Eindrücke zusammen ergeben die Erkenntnis von Objekten oder Dingen für uns. Die Dinge an sich, so wie sie ins Museum eingehen und aus Zeitmangel direkt ins Magazin wandern, in eine Schublade, einen Kasten, einen Schrank, in eine Ecke, sind meist recht still. Kant würde sagen, es sind Noumena, Dinge, von denen wir keine Erkenntnis haben und die uns keine Erkenntnisse über die Geschichte der Natur oder Kultur liefern. Um sie zu Phänomenen, Dingen, Objekten der Erkenntnis von Geschichte zu machen, müssen wir sie zum Sprechen bringen.
Dies wird in Museen getan: in Ausstellungen werden die Dinge dazu gebracht, den Besuchern von sich und den Umständen ihrer Existenz zu erzählen. Damit die Dinge nicht erst kurz vor Ausstellungseröffnung, also unter Zeitdruck zum Sprechen gezwungen werden müssen, werden sie schon vorher, vom Wissenschaftler, von der Wissenschaftlerin, beforscht und mit Texten und Worten umgeben, d.h. wissenschaftlich begriffen und idealerweise - damit das Begriffene nicht für die Mit- und Nachwelt verloren geht – wird dieses Begriffene als Wissen über das Objekt dokumentarisch, d.h. in zum Wiederauffinden geeigneter Weise verschriftlicht: in Karteikästen, Büchern, Aufsätzen und in letzter Zeit zunehmend auch in Datenbanken.
Aus diesen Wissensspeichern wird bei Bedarf der eine oder andere Begriff, der eine oder andere Text hervorgeholt, um uns Geschichten über die Objekte zu erzählen. Die Bedingung der Möglichkeit der Museumsgegenstände für uns, das Publikum, ist daher ihre Erschließung mit Begriffen, die Sacherschließung.
Vollständiger Textband des Workshops, hrsg. von Jörn Sieglerschmidt
Inhaltsverzeichnis:
Jörn Sieglerschmidt: Einführung
Karin Ludewig: Der Einsatz von Normvokabular in den Staatlichen Museen Baden-Württembergs
Jutta Dresch: Der Einsatz von Normvokabular im Badischen Landesmuseum Karlsruhe
Viktor Pröstler: Normvokabular für die geregelte Eingabe zum Feld Objektbezeichnung
Anton Güntsch: Globale Netze der Kooperation bei der Sacherschließung?
Klaus Lepsky: Ist automatische Normierung möglich?
Regelwerke werden mit wachsender Vernetzung zunehmend wichtig, wenn Informationen über technische Medien angeboten werden. Digitale Informationen, die als Kapital der Museen zu betrachten sind, müssen auffindbar sein. Dafür sind unterschiedliche Strategien tauglich, die in den Beiträgen diskutiert werden. Der Titel verdankt sich einer Trouvaille, die auf ein wichtiges Problem im Umgang mit Regelwerken und Normvokabularien aufmerksam macht. Jede/r findet deren Einsatz nützlich und notwendig, zugleich aber auch unendlich langweilig und viel zu zeitaufwendig. Diesem Irrtum soll wenigstens im Titel begegnet werden, denn: Regelwerke für die Sacherschliessung sind selbstverständlich sexy, wie ein Blick an das Ende des ersten Beitrages unschwer erkennen läßt! Im Zeichen der zunehmenden Vernetzung von unterschiedlichen Internetquellen wird es für dokumentierende Institutionen (Archive, Bibliotheken, Museen) in ebensolchem Maße notwendig, für die Erschließung ihrer Objekte internationale Regelwerke zu kennen und sich nach ihnen zu richten. Während für die Formalerschließung schon vielfach gemeinsame Plattformen gesucht und auch teilweise gefunden worden sind (z. B. im Dublin Core Metadata Element Set, neuerdings das Conceptual Reference Model), stehen solche Erfolge für die Sacherschließung noch aus. In deutschen natur- und kulturhistorischen Museen ist diese Nachricht zumeist nur in den großen Institutionen angekommen. Ob sie sich auf diese Möglichkeiten einlassen, hängt auch und selbst dort von den finanziellen und personellen Möglichkeiten ab. Diese haben bisher bereits den Rahmen gegeben für das Engagement bei der Erfassung der Objekte.